Mittwoch, 10. Juli 2013

About Life #1 or: "In three words I can sum up everything I've learned about life: it goes on"

 Meine Lieben,

derzeit denke ich viel darüber nach, warum die Anzahl der Blogs Tag für Tag mehr und mehr bis ins nahezu unermessliche steigt. Fängt man damit an, weil es jeder macht, weil Bloggen hip und cool ist? Aus reinem Hang zur Selbstdarstellung? Aus purem Denken von "Das kann ich aber auch" oder "Ich will auch was vom Kuchen abhaben"? Ich weiß es nicht. Wahrscheinlich weil viele der Meinung sind, dass sie etwas besonders gut können, etwas, das es sich lohnt mit der Welt zu teilen. Deshalb muss ich mir auch die Frage stellen: Was kann ich eigentlich?
Was aus meinem Leben sollte ich öffentlich auf einem Silbertablett ausbreiten, sezieren und inszenieren? Das meiste was ich weiß, was wahrscheinlich wir alle wissen, manifestiert sich nicht in wundersamer Selbsterkenntnis und entstand ebenso wenig aus schierer Erleuchtung aus meinem Inneren heraus, nein, denn jeder lernt von seinem Leben, seiner Umwelt und von Menschen, die jeden von uns direkt und indirekt umgeben.

Nun verstehen Blogger also etwas von Mode, von Kultur, Fotografie und von dem Lauf der Welt überhaupt, präsentieren ihren Lebensstil, vermögen zu inspirieren und zu begeistern. Ich will nicht behaupten, dass ich von diesen Dingen keine Ahnung habe, im Gegenteil, all das ist ein wichtiger Bestandteil meines Alltags, dennoch ist es vermessen zu behaupten, dass es irgendjemanden wirklich kümmern sollte, wie ich mich kleide oder durch die Welt bewege. Zwar möchte ich auf diesem Blog trotzdem über Mode, Reisen, Musik und Dinge, die ich liebe und hasse sinnieren, meine Verzückung und Verachtung zum Ausdruck bringen. Worauf ich mich im Gegenteil aber wirklich verstehe, ist das Scheitern, auf die persönlichen kleinen und großen Herausforderungen und Fehler des menschlichen Daseins, auf das auf die Knie fallen und wieder aufstehen, auf das Hürden meistern und darüber stolpern. Vielleicht sind dies die Geschichten, die ich der Welt erzählen sollte, vom Gefühl von grenzenloser Freude und Resignation, von Pech und Glück. Wenn auch nur einer von Euch diese Geschichten liest und vielleicht darüber schmunzelt, ist das jede investierte Sekunde mehr als wert. -


Wie es der Zufall (oder das Schicksal - je nachdem, woran man glauben mag) so will, bietet alleine der bisherige Mittwoch genug Stoff für eine abendfüllende Tragikomödie.  Da meine vorerst letzte Woche in meinem geliebten Berlin bereits angebrochen ist, habe ich, voll von naiven Idealen und Illusionen, eine Art stille 'To Do' Liste angefertigt, die ich heimlich, unbeobachtet und nur für mich noch rasch abarbeiten möchte, bevor es zurück in die Kleinstadtidylle geht. Seit Wochen beobachte ich also voller Entzücken die Scharen von Radfahrern, die durch das sommerliche Berlin radeln und denke mir immer: "Mensch, wie schön das doch sein muss, ich muss unbedingt auch mal mit dem Rad zur Arbeit fahren!" Da mein Wochenticket ohnehin ab heute ungültig und das Wetter wie schon langsam gewohnt wunderschön ist, dachte ich mir, dass heute demzufolge der perfekte Tag wäre, um mir das Rad, dass bei meiner aktuellen Bleibe quasi im Set dabei war, einmal genauer anzuschauen.

Vorab muss ich klarstellen, dass ich sehr wohl theoretisch dazu in der Lage bin, Fahrrad zu fahren, allerdings eher drinnen, am Boden festgeschraubt und ohne Gegenverkehr.  Auf solche läppischen Probleme wie luftleere Reifen stößt man da beispielsweise eher weniger. Noch voller Optimismus die Reifen aufgepumpt, zurück in die Wohnung, Luftpumpe zurück und gedanklich schon auf dem wunderschönen Weg durch die Straßen, zurück zum Rad, auf den Sattel geschwungen - und prompt an dem steifen alten Leder mit der guten H&M Jeans hängen geblieben. Ratsch. Einmal das halbe linke Hosenbein abgerissen. Fantastisch, wollte ohnehin schon immer aus 'ner Jeans eine Shorts basteln! Also noch einmal die Treppen hoch zurück in die Wohnung, Jeans gewechselt, schon weniger optimistisch das Fahrrad auf die Straße geschoben, versucht loszufahren, dabei fast umgefallen, weil der Sattel viel zu hoch ist und ich mit den Beinen kaum auf den Boden komme, aber hey, schon viel zu spät dran, also los. Eigentlich um acht Uhr am Sony Center zum Frühstück verabredet, ein Weg von sieben Kilometern, laut Google Maps in 25 Minuten gut zu schaffen und auch echt nicht kompliziert, Prenzlauer Allee runter bis zum Alex, an der Museumsinsel vorbei bis Unter den Linden/Friedrichsstraße und großartig nicht mehr als einmal abbiegen; so kompliziert kann das ja wohl nicht sein. Pustekuchen.

Bei der ersten Ampel bemerkt, dass die Sache mit den Bremsen bei meinem, zugegebenermaßen eher in die Jahre gekommenen Drahtessel nicht ganz so einwandfrei funktioniert, wie ich mir das ausgemalt hatte. Bisher auch nicht entdeckt, dass der Prenzlauer Berg wirklich ein bisschen Berg ist - das fällt dann erst auf, wenn man fast ungebremst und schwungvoll in den morgendlichen Berufsverkehr rauscht. Kann man glücklicherweise abmildern, indem man einfach gegen einen der Betonpfeilern auf dem Weg fährt und sich zum ersten (und leider nicht zum letzten Mal) richtig elegant das Schienbein stößt. Leicht desillusioniert, dennoch nicht bereit aufzugeben ging die wilde Fahrt am Alexanderplatz vorbei und fand ein vorläufig jähes Ende, als mein Weg sich mit dem eines älteren Mannes, ebenfalls zu Rad, kreuzte. Das Duell hat sein Fahrrad auf jeden Fall für sich entschieden und ich lag auf der Straße, unter meinem wundervoll blauen Rad und habe laut meine 'To Do' Liste verflucht. Er hat es dafür wirklich mit Humor genommen und so am frühen Morgen jemandem ein breites Lachen ins Gesicht zu zaubern, ist doch eigentlich wirklich was Schönes... 

Die nächsten zwei Kilometer habe ich mich nicht mehr auf mein Rad getraut und es eher missmutig neben mir hergeschoben. Mittlerweile war es dann auch schon halb neun und meine Freundin schickte schon im fünf Minuten Takt SMS, wo ich denn bitte bliebe. In einem Anflug von Entschlossenheit geantwortet: "Bin gleich da - wenn ich nicht vorher sterbe", mich wieder auf das Rad geschwungen und die letzten Kilometer bis zum Potsdamer Platz relativ unfallfrei zurückgelegt. Komplett erschöpft trifft mich unvermittelt das nächste Problem: Wie soll ich mein Fahrrad denn am Besten befestigen, bei meinem Glück würde so ein netter hauptstädtlicher Fahrraddiebstahl gerade noch fehlen und aus meiner Erfahrung heraus muss man Spinning Räder in der Regel auch nicht mit Schloss und Riegel irgendwo festketten. Ich also auf Händen und Knien (egal, war eh schon komplett dreckig) an meinem Rad rumgewurstelt und versucht, das Fahrradschlossdingens irgendwie um Reifen und Ständer zu biegen und abzuschließen. Vollends geschafft aufgerappelt und um die Häuserecke auf den Innenhof des Sony Centers geschlichen, leicht irritiert über die Vielzahl an Blicken, die mir zugeworfen wurden (weil eigentlich guckt in Berlin ja niemand schräg von der Seite). Das klärt sich natürlich erst dann auf, wenn man an sich runter schaut und sieht, dass die oberen Knöpfe der Bluse dem ganzen Chaos nicht standgehalten haben und man halb entblößt über den Potsdamer Platz rennt - super. 

Tief beschämt, verdreckt und mit Schrammen an Füßen und Händen lässt es sich doch immer wieder gut in den Tag starten und das allerschlimmste: Jetzt bin ich mit dem Rad hergefahren und muss irgendwann auch wieder zurück! Ich entschuldige mich im Voraus bei jedem, dem ich nachher den Weg abschneide, über den Fuß oder fast umfahre. Berlin, halte dich am Besten so zwischen vier und sechs von den Straßen fern!

 

Title: Quote by Robert Frost

1 Kommentar:

  1. Erst einmal danke für deinen lieben Kommentar.
    Also mich hast du jedenfalls zum Schmunzeln gebracht. Aber weißt du was, genauso tollpatschig bin ich auch manchmal. Also keine Sorge, auch in Berlin können Leute mal über sowas hinwegsehen und einfach schmunzeln :)
    <3 Maria

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